NICHT POLITIK

Ein Gespräch mit meinem Bruder hat mich gerade einen Schritt weitergebracht. Ich hab in der Unterhaltung viele Dinge aus- und angesprochen, die ich mir schon eine Zeit lang gedacht hab, Gedankengänge, die mein lieber Bruder auch teilt. Darüber freue ich mich eigentlich ganz besonders. Wenn wir uns unterhalten und es solche Momente des Konsens gibt. Das ringt mir immer ein leichtes aber nicht unbemerkbares Grinsen ab.

Ein kleines Beispiel.
Politik macht keinen Sinn… Nun weiß ich ja, wie das mit der Ausrichtung der Gedanken ist und dass es noch weit weniger Sinn als das Ausgesprochene selbst macht, sich darüber aufzuregen beziehungsweise ein bereits geschlossenes Kapitel noch einmal durchzukauen, aber es gehört, glaub ich, schon ein bisschen zu den Schritten die noch vor mir liegen, dass ich hier meine Gedanken auf den Tisch bringe, in erster Linie, um sie mir bewusst zu machen.
Politik macht also keinen Sinn. Es gibt kein funktionierendes politisches System. Und funktionierend bedeutet jetzt gerade: Ein System, das niemanden ausbeutet. Demokratie funktioniert nicht. Aber auch kein anderes, im Laufe der Geschichte präsentiertes System, das irgendjemanden regiert. Alle Systeme bringen Menschen hervor, die in ihre eigene Tasche arbeiten, die blind gegenüber dem Rest der Gesamtheit aller Menschen stets auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind. Also ist die Aussage „Es gibt kein funktionierendes System“ vielleicht gar nicht richtig. Es geht vielmehr um die Individuen im System und wie sie mit dem System interagieren. Das führt aber jetzt zu einer Schuldfrage und für die Antwort darauf ist hier kein Platz.
Anarchie? Funktioniert bestimmt nicht. Wie ich zuvor mit den gleichen Worten zu meinem Bruder gesagt habe: Politik und Anarchie verhalten sich wie Gott und Teufel. Das eine funktioniert ohne das andere nicht.
Und? Was funktioniert? Von Menschen, die Dinge kritisieren, wird erwartet, dass sie einen Besserungsvorschlag abgeben, dass sie sich irgendwie dazu äußeren, wie es ihrer Meinung nach besser funktioniert. Aber dazu kommts schon noch. Für jetzt reicht, dass ich das hier geschrieben habe und in meinem kleinen Kämmerchen auf grantige Rückmeldungen meiner LeserInnen warte.

…[tiefer Seufzer der Erkenntnis] Ja, stimmt, sag ich zu mir selbst. Der ganze letzte Absatz, bis auf ein kleines Stück am Anfang, ist eigentlich falsch. Es ist nicht gesund über die Dinge zu reden, die nicht sein sollen. Das verstärkt das Schlechte nur. Und da will ich eigentlich nicht hin. Das ist mir aufgefallen, als ich mir alles bisher noch einmal gründlich und mit viel Mitdenken durchgelesen hab. Gut, dass das jetzt so passiert ist. Aber stehen lassen werde ich ihn doch, den Absatz.

Haha! Ich hab grad wirklich gelacht und das einfach so aufgeschrieben. Lustig! Eine kleine Meta-Sache fällt mir da ein. Ich nenn das nur so, Meta-Sache, weil ich nicht weiß, wies wirklich heißt, aber wenn es mich einmal richtig reizt, dann werd ich nachschauen oder ich warte bis es mir irgendwer irgendwann einmal sagt.
Also die Meta-Sache: In einem Artikel zu schreiben, dass man einen Absatz verfasst hat, den man nachher eigentlich wieder löschen wollte, ihn aber trotzdem stehen gelassen hat, quasi nur als Gegenbeispiel zu dem wie es sein soll, das ist ein bisschen so wie Zeitreisen, oder? Mal nachdenken? Deswegen hab ich ja auch gelacht. Weil mir das eingefallen ist. Jaja, so führt eins zum anderen. Und das kleine bisschen Hirnwichserei erlaub ich mir da jetzt auch.

Was ich heute mitnehme? Ich bin von ganz vielen wunderbaren Menschen umgeben und dafür bin ich (nicht nur) eigentlich, (sondern sogar) sehr, sehr dankbar. Ich bin mir sicher, dass sich alles in die richtige Richtung bewegt. Gerade wegen der Erkenntnis, die mich mitten im Schreiben eingeholt hat.

EINE TASSE TEE

04022013_TeetasseEs ist exakt jetzt der Moment, in dem du dir die Zeit nimmst, dich gemütlich hinzusetzen, die Augen schließt und ein paar Mal tief ein- und ausatmest. Du führst die Tasse mit dem milden Tee, der dir so gut schmeckt, vorsichtig an die Lippen und spürst den aufsteigenden Dampf im Gesicht. Alle kleinen Muskeln, die den ganzen Tag über deine Mimik gesteuert haben, entspannen sich und du bekommst zum ersten Mal eine Ahnung davon, was Ruhe eigentlich bedeutet. Mit geschlossenen Augen atmest du tief ein und lenkst deine gesamte Konzentration auf das Aroma des Tees, das von den Rezeptoren in deiner Nase verstanden und in Windeseile ans Gehirn weitergeleitet wird – so schnell, dass du den Vorgang selbst gar nicht bemerkst – und wenn du wieder ausatmest, strömt dir erneut der warme Dampf des Tees über dein Gesicht.

Du neigst die Tasse leicht, öffnest die Lippen und lässt einen Schluck des Tees in deinen Mund fließen. Und bevor du schluckst, gibst du den Geschmacksknospen auf deiner Zunge ein bisschen mehr Zeit als sonst für ihre Arbeit. Und so wie du den herrlichen Geruch des Tees wahrgenommen hast, so nimmst du jetzt auch seinen Geschmack wahr – viel stärker und intensiver als sonst.

Nun musst du gar nicht daran denken, wie das Schlucken eigentlich funktioniert und lässt den Tee deine Kehle hinunterrinnen, hinein in deinen Körper. Und mit nach wie vor geschlossenen Augen registrierst du, wie angenehm es ist, den warmen Tee in deiner Speiseröhre zu spüren. Gleich einer Explosion bahnt sich die Wärme von dort aus ihren Weg in deinen ganzen Körper – vom Bauch aus in Arme und Beine, bis in die äußersten Extremitäten. Und zu dem Gefühl von Wärme mischen sich eine wohltuende Geborgenheit und die Entspannung, wie du sie anfangs schon im Gesicht gespürt hast – nur jetzt in deinem ganzen Körper. Wie das Lebenselixier, das du so lange gesucht hast, gibt dir der Tee neue Kraft.

Genau jetzt weißt du, was du eigentlich willst. Dir ist auf einmal ganz klar, wonach du in deinem Leben strebst. Und die Frage nach dem Sinn deiner Existenz hat sich für dich erübrigt – ja, es scheint dir geradezu lächerlich, dass du dir diese Frage überhaupt jemals gestellt haben sollst. Du nimmst diesen Augenblick so klar, deutlich und vor allem bewusst wahr, dass es für dich nicht mehr den geringsten Zweifel daran gibt, wohin dein Weg dich führen soll. Du weißt jetzt Bescheid und vertiefst dich in diese Erkenntnis. Du nimmst die ganze Klarheit, die dich umgibt, in dich auf, lässt diesen feinen, kristallinen Zustand langsam durch deine Haut in dein Inneres sickern, bis du schließlich vollkommen davon ausgefüllt wirst.

Lass dir Zeit und koste dieses Gefühl mit jedem Atemzug noch ein bisschen mehr aus. Du kennst dich jetzt gut aus und bist zufrieden. Der Weg liegt vor dir und die erste Schrittlänge hinter dir. Versuche nicht, alles was kommen wird auf einmal zu verstehen, lass dich von der Ungeduld nicht übermannen, sondern lasse die Klarheit weiterhin zu. Genieße die Ruhe, die von diesem Moment ausgeht und wenn du bereit bist, dann wiederhol das Prozedere und schöpfe dabei noch mehr Energie.

Schließlich wirst du erkennen, dass dich dieser kleine Schluck Tee mehr lehrt, als alles andere, was du bis jetzt erfahren hast und mit jedem weiteren Schluck, wirst du dich weiter entspannen und noch deutlicher sehen.