DAS ASPERNER STRASSENFEST

07_das-asperner-strassenfestDas Asperner Straßenfest, ins Leben gerufen im Jahre 1547 vom Franziskanermönch Bruder Aspern, erfreut sich seit jeher großer Beliebtheit und hat in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr Interessierte angelockt, sodass es heute ein würdiger Konkurrent zum Wiener Donauinselfest, dem größten Open Air Festival der Galaxie, geworden ist. In vielen Punkten schlägt es das DIF sogar:

Es wird etwa doppelt so viel Bier getrunken. Bier in kleinen Mengen, einem Maß zum Beispiel, bekommt man dort gar nicht erst zu kaufen. Nur Fässer. Und wem ein Fass nicht reicht, der nimmt ein Fass ohne Boden oder ein Kilometerfass. Das deutsche Oktoberfest, das einst als Tochterfest des lokalen Familienfests initiiert wurde, hat es bis heute nicht geschafft sein Idol in Sachen Bierkonsum einzuholen und wird deswegen von vielen Ur-Aspernern auch als widerliches Nachmacherfest bezeichnet. Aber das nur nebenbei bemerkt.

Zu bewundern gibt es außerdem noch das größte Luftschloss des ganzen gewaltigen Äthers und nicht zuletzt trumpft das Fest mit seiner hohen BesucherInnensterbensrate auf, kurz BISR. Hauptsächlich sterben die Kinder. Viele Kinder. Tatsächlich handelt es sich bei den meisten Toten um jene Kinder, die nicht auf ihre Eltern hören wollen und trotz allen Bettelns der erwachsenen Begleitpersonen nicht widerstehen können, sich beim Kinderschminken jahrhundertealten Asbest ins Gesicht schmieren zu lassen. Nach dem oft qualvollen Tod inmitten Schaulustiger werden die Kindskadaver, mit in verschiedenen Asbestgrautönen tierfratzengeschminkten Gesichtern, dann wortlos gemeinsam mit ein paar Alkoholleichen in ein tiefes Loch geworfen, das nach den Feierlichkeiten zugeschüttet wird. Die Asbestdosis, die beim Kinderschminken eingesetzt wird, ist für ausgewachsene Erdbewohner an sich nicht tödlich, erst die beim Bodypainting verwendete Menge haut auch Erwachsene um, und das hat schon so manchen Ortsunkundigen letztlich das Leben gekostet. Aber auch das nur nebenbei bemerkt.

Übrigens: Die Asporner, die ihre Kindheit überlebt haben und nicht vom „geschminkten Tod“ dahingerafft wurden, weil sie beispielsweise von einem der 74.000 Zuckerwattestände zuerst in den Bann gezogen wurden, sind heute nicht nur stark fettleibig, sondern auch klug genug oder zu betrunken, sich nicht den ganzen Körper bemalen zu lassen. Die Angesprochenen, mit BMI 100 und mehr, sind außerdem zu übergewichtig, sodass aller Asbest aller Häuser der Galaxie nicht reichen würde, um ihre Haut auch nur mit einer dünnen Schicht zu bedecken. Und so kann man die Fettleibigkeit auch als eine Art Selbstschutzmechanismus vor dem „geschminkten Tod“ betrachten und das danken sie dem Zuckerwattegott auch überschwänglich, indem sie immer mehr von dem süßen, klebrigen Zeug kaufen und verzehren, während sie, zahlreiche Bierfässer auf den Rücken gebunden, lustig durch die Straßen hüpfen und für Spaß unter den BesucherInnen von auswärts sorgen.

Im Laufe der Geschichte haben sich immer öfter auch prominente Persönlichkeiten am und um den 18. Mai in den sonst so müden Straßen des kleinen donaustädter Bezirksteils eingefunden. So auch Napoleon Bonaparte (dt.: Schönbart), der 1809 während der großen Schlacht gegen die dunklen Mächte Rohans ein kurzes Päuschen einlegte und sich ein paar schokoladeüberzogene Erdbeeren am Spieß (Herkunft Almeria, Spanien) und einen großen Ballen Zuckerwatte von Susi’s Süßwarenstandl kaufte. Zum Sonderpreis, versteht sich. Das Suchtpotential des aufgefädelten, verflüssigten Zuckers übersehend, wurde auch er Untertan des Zuckerwattegottes und Stammkunde bei jedem einzelnen der damals schon 11.000 Zuckerwattestände im längst vergangenen Aspern. Ihm zu Ehren und weil man wusste, dass er heimlich der Sodomie frönte und auf Löwen stand, ließ man aus Zuckerwatte den „Asperner Löwen“, bis heute ein galaxiebekanntes Denkmal, errichten. Der sonnengehärtete Zuckerwattelöwe strahlt auch heute noch in voller Pracht und begrüßt Neuankömmlinge im 26A mit seinem bemerkenswert detailliert herausgearbeiteten Hodensack – ein wahres Kunstwerk der Zuckerwattehauerei. Nur bei Regen und im Winter muss das Denkmal flugs mit einem Holzhäuschen zugedeckt werden, sonst schmölze es. Ob Bruder Aspern das gefallen hätte?

Mit diesem Denkanstoß,
Tschüss und Baba!

RICHTIG AUTOFAHREN

Basics04_Kashmirziege_optimiertRichtig Autofahren können nicht viele Leute. Sie glauben zwar, dass sie es können, weil es meistens funktioniert, aber wirklich können tun sie es nicht. Dafür gibt es in Wien auch nicht die passenden Fahrschulen. Der einzige Ort, an dem man die Fahrkunst nach alter chinesischer Tradition lernen kann, ist ein kleiner, von Shaolin-Mönchen geleiteter Fahrkunsttempel in den eisigen Höhen des Himalayas.

Als erstes lernt man dort, dass man für das richtige Autofahren keine Ampeln braucht. Die bunten Farben sind vielleicht für Kindergartenkinder als Fingerfarben lustig, nicht jedoch im Straßenverkehr. Und dann geht’s auch schon ab in den Ochsenkarren und über die schmalen Gebirgspässe, mit geschlossenen Augen, wohlgemerkt. Und damit man nicht schummelt, bekommt man von KungFu-Meister Mitsu Bishi eine Augenbinde aufgesetzt. Womit man fährt ist eigentlich egal, so Meister Bishi, es geht nur darum, dass man die anderen Verkehrsteilnehmer spürt, in meinem Fall eine aufgebrachte Herde himalayische Hochlandkashmirziegen. Man muss seine Umgebung spüren, nicht sehen. Nur blind fahren macht wirklich Spaß und prägt den Charakter. Und wenn man die erste Fahrstunde mit mindestens dreizehn ungebrochenen Knochen überstanden hat und genug Kashmir für den Export überfahren hat, dann hat man eigentlich auch schon bestanden und darf am ganzen asiatischen Kontinent quasi alle fahrbaren Zeuge im öffentlichen und privaten Transport und Verkehr benützen. Alles was wir tun ist KungFu, auch das Autofahren. Das ist so ziemlich der wichtigste Satz aus dem Munde von Meister Bishi, den ich mir gemerkt habe.

BEGAFFT UND BEGATTET

06_Buchcover_Begafft_optimiert Geschätzte Leserinnen und Leser!

Ich habe mich leider entscheiden müssen, Sie mit der Publikation des Artikels „Ich, der Doktor“ noch ein wenig hinzuhalten, da einige wichtige Passagen des Textes kurz nach der Fertigstellung vom gemeinen Lesewurm verspeist wurden, der manchmal hier sein Unwesen treibt. Normalerweise sperrt Henry die, auf meiner Schreibmaschine verfassten, Manuskripte immer sofort in unseren hermetisch abgeriegelten Safe, wo das Ungeziefer keine Chance hat, meine Arbeit zu zerstören, doch auch der gute Henry wird langsam vergesslich und in meinem aufgewühlten Zustand war es mir bislang nicht möglich, mich mit der Korrektur des zerstückelten Artikels zu beschäftigen. Insofern wünsche ich viel Vergnügen mit einem Auszug aus meiner Autobiografie „Begafft und Begattet“ erschienen im Jahr 2004 und erhältlich bei allen OMV Tankstellen und ausgewählten Partnern der BP-Group.

Band 1 von 27 – Kapitel 1: Genesis

Meine Geschichte hat ja schon einmal einen recht unglücklich Anfang genommen, als sich der Storch, der mich zu Hause in Wien abliefern sollte, entscheiden hatte, nicht den weiten Weg in den Norden zu nehmen, sondern bei einem burgenländischen Heurigen einzukehren und mich kurzerhand dorthin mitgenommen hatte. Während sich also das faule Federvieh einen hinter die Binde kippte, lag ich, knappe 40 cm groß und nur mit einem luftigen Leinentuch bekleidet, auf dem kalten Erdboden hinter der Ausschank und verfasste in mitten des Trubels der mich umgebenden Saufgesellschaft mein erstes und bis heute meistrezitiertes Gedicht mit dem zugegebenermaßen etwas unglücklich gewählten Titel „Jetzt schlägt es dreizehn“. Der vierzeilige siamesische Hexameter mit doppelt geflochtener Zäsurenspiegelung beschrieb auf sehr gefühlvolle Weise die Geburt und den Niedergang eines in einer Seitengasse der Milchstraße vergessenen Sterns, der einst dem Gestirn der Pendeluhr zugehört hatte und den klingenden Namen Xmirgz III trug und gab dem Publikum, wo immer auf der Welt das Gedicht auch aufgesagt wurde, durch diese subtile Metapher einen Hauch der Ahnung der Einsamkeit, die ich beim Verfassen der Zeilen empfand. Zu allem Übel jedoch wurde der Holztresen, in den ich mit ein paar Glasscherben, die auf mich herunter geregnet waren meine erste Schöpfung graviert hatte, nur wenige Jahre später von einem amerikanischen Hypermilliardär, der kostenbaren Inschrift unwissend, bei einer Weinverkostung und anschließender Auktion zu dem lächerlichen Gegenwert von zweieinhalb asiatischen Wasserbüffeln, auch Bubalus Bubalis genannt, ersteigert.

Der damalige Besitzer der Bar, ein im Grunde gewiefter Winzer aus dem nördlichen Südburgenland mit einem abartigen Fetisch für seltene Haustiere, hatte nicht nur den Tresen, sondern sein ganzes Hab und Gut für die domestizierten Wasserbüffel hergegeben, die sich fortan in seine Sammlung, bestehend aus zwei Zentauren, dem letzten Einhorn und vierundzwanzig australischen Kakadus, die auf Zuruf vierstimmig die Internationale singen konnten, einreihten. Herr Traubenklauber, der Winzer, der sich mit seinem tierischen Gefolge Richtung Wien aufmachte, um dort Zirkusdirektor zu werden, starb jedoch schon kurze Zeit nachdem er seine letzte Errungenschaft gemacht hatte, in einem Straßengraben nahe Wiener Neustadt an einem äußerst tückischen Schnupfen, den die Büffel auf ihn übertragen hatten, wie er in seinen Jahre später aufgetauchten Memoiren den Teil der Welt, der daran Interesse hegte, wissen ließ. Sein bis dahin unerklärtes Dahinscheiden hatte tatsächlich eine Vielzahl von Menschen fasziniert und sogar zur Gründung mehrerer Sekten geführt, die sich mit dem Erscheinen des Werkes und ob der Schande über den tatsächlichen Hergang seines Ablebens schlagartig auflösten oder sich einen neuen Götzen schufen und so gab es auch niemanden mehr, der die Pilgerfahrten Richtung Wiener Neustadt, zu dem berühmten Straßengraben, machte.

Der glückliche Ersteigerer des Tresens, der nebenbei auch noch seine kranken Wasserbüffel losgeworden war, wurde der Gravur auf dem Holzmöbel erst viele Dekaden später gewahr, als er während der Feierlichkeiten anlässlich seines 60. Geburtstages beinahe an den übergroßen Goldplättchen in seinem Kaviar-Sekt-Mischgetränk erstickte und unter heftigen Zuckungen direkt neben dem Tresen zu liegen kam, wo ihm exakt jene Stelle in den Blick geriet, die ich einst mit meinen Versen geziert hatte. Doch diese Geschehnisse lagen alle noch in weit entfernter Zukunft, als ich meine ersten Stunden hinter der Ausschank verbrachte und in den berauschenden Genuss des passiven Alkoholismus kam. Mein Rabenvater, der betrunkene Storch, hatte sich schon mehrmals übergeben und war letzten Endes nicht mehr fähig gewesen, mich bis nach Hause zu fliegen und so schleifte er mich, mein Leintuch im Schnabel, heftig torkelnd bis zu seinem Heimatnest, hoch oben auf einem schilfgedeckten Dach am Rande des Neusiedlersees.