DAS OZONLOCH UND ICH

08_OzonlochWie allseits bekannt sein dürfte, haben die heißbegehrten Sommerferien nun auch in die letzten elf Kantone der Schweiz Einzug gehalten und so liegt es nahe, dass man in irgendein Land der Welt auf Urlaub fährt oder fliegt, wenn man es sich denn noch leisten kann. Heutzutage soll es ja doch viele arme Schweine geben, die sich so kurz nach der Finanzkrise keinen Urlaub mehr leisten können und die sogar ihren Mercedes SL, den heißgeliebten Maserati oder gar den Airbus Privatjet verkaufen mussten, damit in der Früh wenigstens noch ein bisschen warmes Wasser aus dem Duschkopf fliest. Diese Menschen tun mir zwar Leid, aber ich kann ihnen auch nur helfen, indem ich das Land für einige Zeit verlasse, damit sie mehr warmes Wasser zur Verfügung haben und deshalb habe ich mir dieses Jahr ein ganz außergewöhnliches Reiseziel ausgesucht.

Gerade wo es in den letzten Wochen hierzulande schon Frösche in der Größe von ausgewachsenen Katzen geregnet hat, habe ich mich aus Langeweile einmal von Henry in das Reisebüro meines Vertrauens kutschieren lassen, wo mir Herr Schadstoff, der Reiseberater meines Vertrauens, ein vollkommen neues Reiseerlebnis präsentiert hat. Zurzeit liegen nämlich Reisen zum Ozonloch voll im Trend. Und da ich das Meer seit meiner letzten Barcelonareise ohnehin nicht viel lieber gewonnen habe und ansonsten schon in fast allen Herren- und Frauenländer der Welt gewesen bin, habe ich mich, trotz meiner ungeheuren Höhenangst, zu dem Abenteuer überreden lassen und gleich noch erfahren, dass das Ozonloch eigentlich von allen Leuten vollkommen missverstanden wird und vor allem von den Medien, durch deren krankhafte Gehirnwäsche, mit einem schlechten Beigeschmack in die Köpfe der Menschheit implantiert wurde.

Das Ozonloch ist nämlich der misslungene Versuch seitens der blauen Ozonschicht, also des Himmels, der Erdbevölkerung den einmaligen und einzigartigen Blick ins Weltall zu gewähren. Und dieses farbenfrohe Lichtspiel, so erklärte es mir Herr Schadstoff, sei am besten von den Fenstern jenes EUR 400.000 teuren Raumschiffes aus zu beobachten, dass ich mir für jene Reise auch flugs gemietet habe. Das umweltfreundliche Gefährt wird ausschließlich mit der, aus der Vorfreude der Passagiere gewonnenen, Energie betrieben und hat damit jenen Flugzeugen, die seit vielen Jahrzehnten schon versuchen, das Ozonloch mit ihren Kondensstreifen zu stopfen, vor allem in punkto Nachhaltigkeit, einiges voraus. Nämlich schützt es das Ozonloch davor, von den Klimaschützern und anderen Verrückten, die die ganze Sache grob in den falschen Hals bekommen haben, geschlossen zu werden. Und nachdem Henry und meine Wenigkeit schon unheimlich motiviert waren, endlich in das moderne Luftvehikel zu steigen, hatten wir auch schon genug Treibstoff für unsere Reise.

Schließlich habe ich mir dann gedacht, wenn ich schon einmal so nahe dran bin am Ozonloch, mache ich gleich auch noch einen Ausflug hinaus ins Weltall, denn die Gelegenheit, so knapp am Ausgang zum Universum zu sein, hat man ja nicht alle Tage und andernorts ist das ja auch nur schwer möglich, wo die Ozonschicht doch bekanntermaßen undurchdringbar dick ist. Womit ich allerdings nicht gerechnet habe: Dass sich zu meiner Höhenangst, so viele Meter über dem Erdboden, auch noch eine galoppierende Klaustrophobie, in der nicht allzu großen Raumkapsel, gesellen würde.

Mehr über meine Erlebnisse im bunten Weltall erfahren Sie nächste Woche in ihrem Seitenblicke Magazin.

DAS MEER UND ICH

07_Strandkorb_optimiertAls Nichtschwimmer habe ich ja eigentlich immer schon eine besonders große Angst vor dem Meer und Wasser im Allgemeinen gehabt, doch hat mich Henry kürzlich davon überzeugt, mich auch für ein paar Tage zu den Reichen und Schönen an die weißen Sandstrände Barcelonas zu gesellen, mit dem Versprechen, er würde mir das Schwimmen beibringen. Nur wenige Flugstunden nach dieser Blitzentscheidung und einen weiteren wasserbruchgelandeten Airbus A380 weniger, lag ich auch schon in Mitten entblößter, gebräunter Oberweiten, der gute Henry, mir mit einem Palmwedel frische Luft zufächelnd, neben unserem Strandkorb. Man kennt die ansprechende, freizügige Schamlosigkeit der Spanierinnen ja vom Hörensagen, aber der Anblick, der sich mir in diesen Tagen bot, übertraf sämtliche Gerüchte und Geschichten, die mir je zu Ohren gekommen waren. Zeitweise hatte ich sogar mehr Brüste als Strand vor Augen.

Sich an der weiblichen Vollkommenheit satt gesehen habend, drängte mich Henry schon bald, die ersten Schritte ins doch noch frisch-kühle Meer zu machen. Der Sicherheit wegen hatte er mir Schwimmflügel, nicht Schwimmflügerl, angelegt, mit denen man quasi im Wasser fliegen konnte. Nachdem ich meine Flugangst aber erst seit einem knappen Jahr überwunden hatte, spendete mir auch dieser Umstand nicht allzu viel Trost, außerdem rieben mir die Plastikflügel die Oberarme wund. Henry, der viele Jahre hindurch britischer Staatsmeister im japanischen Schmetterlingsschwimmen gewesen war und dessen entfernter Cousin, Herbert (Bertl), Bademeister im Wiener Amalienbad war, hatte eine enge Verbindung zum Wasser und wusste wohl, wie man Kleinkindern das Schwimmen beibringen konnte, doch hatte er mit mir so seine Schwierigkeiten. Zwar hielt er mich nur am Rumpf und gab mir klare Anweisungen, doch gelang es mir immer wieder, dass mir die Badehose von den Hüften glitt und ins Meer hinaus getrieben wurde. Auf diese Weise verbrauchte ich innert drei Tagen knappe 300 Badehosen in allen Regenbogenfarben und Mustern und verschluckte mehrere Liter urinversetztes Salzwasser, als manch anderer im ganzen Leben.

Henrys unermüdliche Versuche mir den Wassersport näher zu bringen, nahmen ein jähes Ende, als er am vierten Tag unserer Reise von einem, noch nicht vollständig ausgewachsenen, viereinhalb Meter langen, Weißen Hai ins rechte Bein gebissen wurde. Der tapfere Henry wollte sich zuerst seine Schmerzen nicht anmerken lassen und so fiel mir der Haibiss auch erst auf, als wir zurück zu unserem Strandkorb gingen. Doch es kam noch schlimmer! Nicht nur, dass Henry schon im Meer stark von der Fleischwunde geblutet hatte und nach wie vor eine unübersehbare Blutspur durch den Sand zog, so hatte er offensichtlich auch vergessen, Sonnenschutz aufzutragen, nachdem er mich eingecremt hatte und war am ganzen Oberkörper so rot, wie das Blut, das in Strömen aus seinem Bein floss. Und das wohl größte aller Übel: Eine paar flinke Finger hatten mein gesamtes Hab und Gut und Henrys AfterSun-Lotion aus dem Strandkorb gestohlen und nicht einmal ein paar Hühneraugenpflaster aus meinem Necessaire zurückgelassen, mit denen ich Henrys Wunde hätte provisorisch verarzten können.

Man hatte mich ja schon vor unsere Abreise gewarnt, dass die Barcelonesen ganz hinterhältige Straßen- und Taschendiebe waren, aber dass sie ganze Strandkörbe leerraubten und so den Azerbaijanern in ihrer Flinkfingrigkeit um Nichts nachstanden, verstörte mich auf ein Neues. Einzig mein AMEX Black Card Emergency Service konnte uns in dieser Situation noch helfen. Die netten Herren in Schwarz, die prompt zur Stelle waren, brachten Henry in das beste Krankenhaus Barcelonas, wo ihm vom besten Chirurgen der Welt, der sich auf Haibisse spezialisiert hatte, gleich ein neues Bein gebastelt wurde, sodass er schon wenige Stunden nach dem Vorfall wieder gehen und mir mit dem Palmwedel Schatten und frische Luft spenden konnte. Mir hatten die Anzugträger eine neue Karte überhändigt und mir in Windeseile alle verloren gegangenen Gegenstände ersetzt und nach meinen Anweisungen auch wieder im Strandkorb platziert.

Nachdem der größte Schock überstanden war, hatten wir uns am frühen Abend des darauf folgenden Tages wieder zu unserem Strandkorb begeben. Gemütlich in der Abendsonne schlummernd, von Henry mit einer Sangria Grande gesäugt werdend, fielen mir mehrere Leute auf, die verdächtig am Strand patrouillierten. Sie hatten alle einen azerbaijanischen Touch und einige von ihnen trugen Metalldetektoren, mit denen sie den Sand absuchten, während andere nur mit ihren bloßen Füßen in kleinen Quadranten den Sand nach vergessenen Wertgegenständen durchwühlten. Ich hatte nicht nur die Vermutung, nein, ich war mir sicher, dass das die Diebe waren, die mir den Urlaub vermiest hatten. Wenigstens hatten sie bei ihrer Suche kaum Glück, doch gerade das brachte mich auf die glorreiche Idee, die mir schließlich den Rest des Urlaubs versüßte. Ich ließ mir von Henry mehrere Rollen mit 10 Cent Münzen von der Bank holen und vergrub sie in regelmäßigen Abständen und verschiedenen Mustern nicht allzu tief im Sand und konnte so die diebischen Schatzgräber durch den Sand dirigieren. Mit der Zeit entbehrte jedoch auch diese Tätigkeit jeder Spannung und so ließ ich manche von ihnen bis weit hinaus ins Meer laufen, bis die Münzspur am Meeresboden abrupt ein Ende nahm, sie erkannten, dass sie schon lange unter Wasser waren und eigentlich keine Luft mehr zum Atmen hatten und kläglich ertranken.

Trotzdem ich einen rechten Spaß an dem Spiel hatte und auch viele Erfolge erzielte, wurde ich langsam aber sicher eines Umstandes gewahr, der schon bald nicht mehr zu übersehen war: Der Sand am Strand war von Tag zu Tag weniger geworden. Ab und an waren sogar große Löcher im Strand, in die die Touristen untertags hineinstolperten und aus denen man oft noch bis tief in die Nacht die Hilferufe der Unglücksraben hörte, bis sie langsam leiser wurden und die krächzenden Stimmchen irgendwann ganz verstummten. Auch einige Schatzsucher hatte ich mit Münzfährten in die Krater im Sand gelotst, doch die Frage, welche Kraft der Erde hinter diesem Sandschwinden stecken konnte, blieb ungeklärt, bis ich eines Nachts vom Lärm mehrere Schaufelbagger geweckt wurde, die tonnenweise Sand in gigantische LKWs füllten auf denen in großen blauen Buchstaben „Tel Aviv Beach“ geschrieben stand. Und nachdem die Frage unserer Heimreise ohnedies noch nicht geklärt war, nahmen uns die Sanddiebe, auf mein nettes Bitten hin, hinten auf ihren Ladeflächen, mit nach Hause, in mein viel geliebtes Wien.