ELEFANTENFLEISCHER

Wer ist warum wann wo fertig? Wir müssen mehr W-Fragen stellen. Die sechs W-Fragen sind der Schlüssel zur Information.

Ich bin jetzt in Stockerau. Das Fahrzeug hat bereits ein Rad verloren. Das wird hier nicht gut enden. Mit drei Rädern fährt es sich nur mäßig gut. Wir kommen nur langsam voran. Ich werde wieder zu spät kommen. Immer verspäte ich mich. Dabei ist die Zeit der anderen genauso viel wert wie meine Zeit. Ich verschwende die Zeit der anderen. Die Fahrt scheint nicht enden zu wollen.

Es wird langsam wieder hell. Der Morgen graut. Am Horizont steigt die Sonne zu ihrem Himmelszelt empor.

Stockerau habe ich lange hinter mir gelassen. Wo ich gerade bin, war ich noch nie. Über mir ein großes Glasdach. Auf dem Glasdach zeichnet sich ein größer werdender Schatten ab. Es nähert sich langsam etwas. Der Schatten wird immer größer. Plötzlich bricht das Glas. Eine tote Elefantenfamilie, dürftig zusammengebunden mit etwas beigem Garn bleibt vor mir am Boden liegen. Das jüngste Elefantenkalb ringt noch mit letzten Atemzügen ums Leben. Seine Mutter und der Vater sind gleich nach dem Aufprall tot. Seine beiden Geschwister ebenso. Sie sind unter den Eltern begraben. Die Geschwister waren aber nur adoptiert. Das macht nicht so viel aus. Aber die Eltern. Ein grässlicher Anblick. 
Ich kann für das arme Tier nichts mehr tun. Ich habe großes Mitleid. Gleichzeitig wäre es aber ein großer Verlust, das zarte Elefantenfleisch dort einfach so verwesen zu lassen, also mache ich mich langsam daran, die Kadaver mit der Messerfunktion meines Leatherman Multi-Tools in drei- bis vierhundert Gramm große Stücke zu zerteilen. Die Anstrengung drängt mir den Schweiß auf die Stirn. Überhaupt schwitze ich ja sehr leicht. Das Elefantenblut vermengt sich mit meinem herabtropfenden Schweiß.
Als meine Handflächen vom vielen Schneiden wund werden, greife ich zur Motorsäge. Sie macht ein bisschen mehr Lärm als der Leatherman. Einige Passanten schauen vom Boulevard herein. Aber nur kurz. Dann schauen sie wieder weg. Sie wollen von meiner ehrlichen Arbeit nichts wissen.
Die klein portionierten Mengen frischen Elefantenfleisches verpacke ich sorgsam in Tiefkühbeutel der Marke Toppits. Nur Toppits hat die Frischegarantie. Qualität, auf die man sich verlassen kann. Ich trenne Rüssel von Steaks und den anderen Cuts der Elefanteneltern und -kinder. Gleich nach dem Verpacken beschrifte ich die Beutel. Um das Fleisch länger haltbar zu machen, vakuumiere ich es. Meine Vakuumiermaschine habe ich aber zu Hause vergessen und finde erst nach einigen Versuchen heraus, dass das Vakuumieren ohne Maschine am besten funktioniert, wenn ich die Luft aus den Toppitsbeuteln mit dem Mund aussauge. Auch das unter sehr großer Anstrengung.

Nach etwa neunhundert Stunden ist meine Fleischerarbeit erledigt. Ich stehe zwischen einem Berg sorgfältig geputzter Elefantenknochen und dem anderen Berg aus fertig verpacktem Fleisch. Da beginnt es mich hinter meinem rechten Ohr zu jucken.

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